Wortkandidaten der Jury, Teil I

Die Anglizismus-des-Jahres-Wahl wird entscheidend von Ihren Nominierungen getragen – das war in der Vergangenheit so, und das wird auch so bleiben. In diesem Jahr werden Ihre Vorschläge aber erstmalig durch eine eigene Recherche der Jury ergänzt.

Die Grundlage für unsere Recherche bildet die Wortwarte des Berliner Sprachwissenschaftlers Lothar Lemnitzer. Lemnitzer durchsucht seit über zehn Jahren täglich eine Reihe von Online-Medien halbautomatisiert nach sogenannten Neologismen, also neu geschöpften oder neu entlehnten Wörtern und veröffentlicht die Ergebnisse. Auf diese Weise entsteht ein einzigartiges Archiv der Entwicklung des deutschen Wortschatzes, das Wortbegeisterte zu stundenlangen Erkundungsspaziergängen einlädt.

Bis zum Stichtag für unsere Recherche, den 19. Oktober 2013, hatte die Wortwarte für das laufenden Jahr 1.954 Wörter dokumentiert. Auf dieser Liste haben wir zunächst in 621 Wörter identifiziert, die dem Kriterium unserer Wörterwahl entsprechen, also ganz oder in Teilen aus englischem Wortgut bestehen. In aufwändiger Handarbeit haben wir diese Liste dann nach guten Wortkandidaten durchsucht.

Zunächst habe ich alle Wörter aussortiert, deren englischsprachige Wortanteile aus längst etablierten Lehnwörtern bestehen – Wörter wie Baby-Industrie, Überwachungsparty und Lifestylediktatur. Dann habe ich Wörter aussortiert, bei denen ich mir sicher war, dass sie schon länger im Gebrauch waren – Wörter wie Powernapping, Wingsuit-Springer und Cradle-to-Cradle-Philosophie. Schließlich habe ich alle Wörter aussortiert, die mir wie Spontanschöpfungen oder -entlehnungen aussehen, die keinesfalls schon ausreichend verbreitet sind, um sich für unseren Wettbewerb zu qualifizieren – z.B. After-Baby-Bauch oder Pferde-Casting. Da ich mich hier auf meine Intuition verlassen musste, können mir hier Fehler unterlaufen sein – meine komplette Liste der Wortwarte-Anglizismen findet sich hier, falls sie jemand nach weiteren Wortkandidaten durchforsten möchte.

Die übrig gebliebenen Wörter haben ich einem kurzen Plausibilitätstest unterzogen, indem ich mittels Google Trends überprüft habe, ob ihr Anteil am Suchvolumen 2013 gegenüber 2012 einen deutlichen Anstieg zeigte. Das sollte messen, inwiefern die Wörter 2013 ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit gelangten. Ein großer Teil der Wörter fiel hier weg, weil Google Trends wegen eines zu geringen Suchvolumens keine Zahlen lieferte.

Übrig blieben (nach Abzug der bereits nominierten Wörter) nur 12 Wörter, die als potenzielle Kandidaten mit auf unsere Nominierungsliste kommen. In der Reihenfolge ihrer oberflächlichen Wichtigkeit sind das: Big Data, Smartwatch, Touch-ID, Slow Sex, No-Spy-Abkommen, Dry-Aging, Musikflat, Freemium, Unboxing, Fingerprint, Fake- und E-Ink. Für die Endrunde werden sie sich nicht alle qualifizieren – die Popularität von Slow Sex geht auf einen entsprechenden Buchtitel zurück, No-Spy-Abkommen könnten wir am Ende als Eigenname werten und Fingerprint hat einen Duden-Eintrag, kann also eigentlich nicht so neu sein.

Ihre eigenen Nominierungen können Sie noch bis zum 24. November auf unserer Nominierungsseite eintragen!

Ein Gedanke zu „Wortkandidaten der Jury, Teil I

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