Die Jury stellt sich vor: Jan Wohlgemuth

Jan WohlgemuthNach Susanne Flach stellen wir heute das zweite Mitglied unserer Jury vor: Dr. Jan Wohlgemuth, der zum ersten Mal dabei ist. Er ist allgemeiner Sprachwissenschaftler und arbeitet derzeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig und Editorial Manager der Fachzeitschrift Studies in Language.

Wir haben mit ihm über unsere Wörterwahl, seine sprachwissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit und seine Forschung gesprochen.

Jan, wo liegt für dich der Reiz, bei der Anglizismus-des-Jahres-Wahl mitzuwirken?

Mich stört die ganze „Fremdkörper“-Auffassung, die Lehnwörtern, und speziell Anglizismen häufig entgegen gebracht wird und ich finde, wir können hier ein sehr sinnvolles Gegenbild zeichnen.

Du bist ja neu in der Jury. Hast du die Wahl im letzten Jahr verfolgt?

Ich habe die Wahl recht aufmerksam verfolgt. Da ich mich in meiner Dissertation mit Lehnverben beschäftigt habe, habe ich mich über die Wahl des Lehnverbs leaken natürlich besonders gefreut.

Wirst du eine neue Perspektive in den Wettbewerb einbringen?

Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung, dass Lehnwörter, besonders Verben, morphosyntaktisch schwer oder gar nicht in die deutsche Sprache integriert werden können. Da dies ein Schwerpunkt meiner Forschung war, werde ich wohl einiges zur Aufklärung dieses Mythos beisteuern.

Womit beschäftigst du dich in deiner eigenen Forschung zur Zeit hauptsächlich? Gibt es da eine Verbindung zur Anglizismus-des-Jahres-Wahl?

Der Bezug zum Anglizismus des Jahres ist natürlich vor allem meine Dissertation von 2008, aber das Thema liegt mir nach wie vor am Herzen. In den letzten Jahren war ich in einem vergleichenden Projekt zum Spracherwerb in Nepal und Deutschland tätig, ab Januar bin ich wieder auf dem Markt. Meine Forschungsinteressen reichen von der Typologie über die Soziolinguistik bis zur Erforschung von Schriftsystemen und ihrer Lernbarkeit.

Neben deiner wissenschaftlichen Forschungstätigkeit betreibst du ja eine besondere Art der populären Sprachwissenschaft: du bist Initiator des Forums linguisten.de. Was ist das für ein Forum und wie ist es entstanden? 

Die Idee zu diesem Forum entstand Ende der neunziger Jahre auf der StuTS, der Studentischen Tagung Sprachwissenschaft. Die Teilnehmer äußerten den Wunsch, sich zwischen den Tagungen austauschen zu können. Ende 2005 haben wir das Forum neu belebt und allgemeiner ausgerichtet, vor allem als sprachwissenschaftlich-philologisches Forum von und für Studenten.

Gibt es Themen, die euch besonders beschäftigen?

Besonders intensiv werden Themen aus dem Kernbereich der Sprachwissenschaft, zum Beispiel Phonetik, Syntax und Semantik diskutiert, aber das Thema Plansprachen stößt auf großes Interesse. Daneben werden auch praktische Informationen ausgetauscht, etwa zur Studien(ort)wahl und zu Jobangeboten.

Also ist das eher etwas für Fachleute?

Nicht nur, auch interessierte Laien sind dort willkommen! Wir haben eine Rubrik Fragen und Antworten (Ask a Linguist), in der gerade auch Laien ihre Fragen zur Linguistik, zu Sprache, Sprachen und Sprachlichem stellen können und fachkundige, allgemein verständliche Antworten bekommen.

Mal ganz unter uns: Stören dich Anglizismen nicht auch manchmal?

Manche Anglizismen stören mich schon, aber nicht mehr, als mich auch so manches „eingeborene“ Wort stört.

Aber hast du denn gar keine Angst, dass die deutsche Sprache Schaden nehmen könnte?

Angeblich geht die deutsche Sprache schon seit anderthalbtausend Jahren den Bach runter. Das muss dann aber ein verflixt langer Bach sein, wenn wir immer noch so problemlos kommunizieren können.

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